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Simplicius Simplicissimus
Freitag, 03. April 2009 , 20:00 - 20:00
Kategorie: Oper.
Hinzugefügt von: hillenbr

»Die Zeiten sein so wunderlich, daß niemand wissen kann, ob du ohn Verlust deines Lebens wieder herauskommest ...«, heißt es in dem von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen 1668 verfassten Roman »Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch«. Darin entwirft der Autor in rund 150 Episoden ein ausladendes episches Panorama über den Dreißigjährigen Krieg, schildert die Geschehnisse dieser von an- und abschwellenden Kriegs- und Gräuelhandlungen geprägten Zeit.

Wie gegenwärtig muss der zu Beginn zitierte Satz auf den Komponisten Karl Amadeus Hartmann gewirkt haben, als er sich 1934 mit diesem Buch vertraut machte: etwa ein Jahr zuvor hatten die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht ergriffen. Das Schicksal der eigenen Epoche erkennend – Hartmann war bereits zu dieser Zeit überzeugt davon, dass die Machtübernahme Hitlers zu einer Katastrophe führen würde – und zur Gegenreaktion auf die Konzessionen der braunen Machthaber fest entschlossen, griff er auf das Sujet von Grimmelshausen zurück. Dabei stützte er sich auf drei ausgewählte Szenen, in denen der Lebensweg des jungen Simplicius in der vom Krieg verheerten Welt nachgezeichnet wird: vom Bauernhof, auf dem der Knabe aufwächst und der von der plündernden Soldateska verwüstet wird, über das Asyl beim Einsiedel, der den Jungen »die Tugenden von den Lastern unterscheiden« lehrt, an den Hof des Gouverneurs, wo Simplicius als Narr ein allegorisches Bild gegenwärtiger Unterdrückung entwirft.

Hartmanns Stil zeigt sich in seiner Oper von mannigfaltigen Einflüssen geprägt, die von Strawinsky über Prokofjew bis Alban Berg reichen und auch vor zusätzlichen Elementen der Volkstradition, in Form von zwei Liedern aus dem deutschen Bauernkrieg und dem jüdischen Trauergesang »Elijahu ha-navi«, keinen Halt macht. Nicht zuletzt durch diese Einverleibung von zur Nazizeit als »entartet« gebrandmarkten musikalischen Quellen, erweist sich Hartmann mit den Mitteln der Kunst als ein enorm produktiver Widerständler und Bekenntnismusiker im besten Sinn.

»Simplicius Simplicissimus«

Olivia Stahn Sopran
Christoph Schröter Tenor
Florian Hoffmann Tenor
Martin Schubach Bariton
Martin Backhaus Bass
Vivian Lüdorf Sprecher
ensemble unitedberlin
Gerd Herklotz

Henriette Sehmsdorf Regie
Stefan Bleidorn Ausstattung


Ort: Konzerthaus Berlin, Werner-Otto-Saal

URL: http://www.konzerthaus.de/